“Malerei ist ein wenig wie gärtnern – das Unterste zu Tage bringen.” // “Painting is a bit like gardening – bringing the deepest to the light.”

Warum malst Du?

Die Malerei ist das optische Bild meines tiefen Inneren. Ich entscheide, was ich male. Du, als Betrachter, als Konsument hast Du die Möglichkeit “Ja” oder “Nein” dazu zu sagen.

 

Wie viel Persönliches steckt in Deiner Kunst?

Meine ersten Arbeiten waren zunächst dunkel, sehr viel schwarz. Ich denke, ich habe mich nach meiner Karriere als Grafikerin aus einem dunklen Loch herausgearbeitet.

 

Es geht in Deinen Werken oft um alltägliche Gegenstände und unscheinbare Orte. Was fasziniert Dich daran?

Der Großteil meiner Motive begegnet mir auf Reisen. In Bodega Bay in Kalifornien zum Beispiel wollte ich mir die Drehorte von „Die Vögel“ des Regisseurs Alfred Hitchcock anschauen. Der Ort, der mich stattdessen faszinierte, war der verwilderte Tennisplatz des Motels, in dem wir übernachteten.
Mich nehmen Orte gefangen, für die wir uns eigentlich keine Zeit nehmen, Orte, die abseitsstehen und nicht im Fokus unserer Aufmerksamkeit liegen. Dinge, die gewohnheitsmäßig da sind, unbeachtet, vergessen, so wie Schalter an Wänden. Ich fühle mich von etwas Normalen eingenommen. Und dann muss ich es groß machen.

 

Welches Gefühl möchtest Du auslösen?

Es geht mir um die eigene Wahrnehmung. Gefühle brauchen keine Erklärung, keine Beurteilung, keinen Kommentar.

 

Wie würdest Du Deine Art zu malen beschreiben?

Ich liebe die Gärtnerei, mit der Erde und den Pflanzen zu arbeiten, das Handwerkliche, die physische Anstrengung. Es ist ein Schaffensprozess, der sehr viel mit Warten, also respektvollem Abstand halten zu tun hat.

 

Wie muss ich mir das vorstellen?

Ich löse mich aus meiner Umgebung heraus und bin mit mir selbst. Konzentriert und fokussiert.
Das ist aufregend. Ich feiere meine Arbeit…. Manchmal denke ich: Warum habe ich nicht bereits früher die Seiten gewechselt…
Von der angewandten zur freien Kunst… Ich bin dankbar –Grafik ist meine Basis, darauf basiert meine malerische Arbeit: Motiv- und Farbwahl, Komposition und Format…

 

Ist es dann still und ruhig in Deinem Atelier?

Tanzen ist wichtig. Ich tanze oft vor meinen Bildern.

Je nachdem in welchem Stadium sich das Werk befindet: Meditative Klänge, wenn ich konzentriert an Details arbeite, Punkrock, wenn ich die ersten Schichten des Hintergrundes auftrage. Stille, wenn ich lange hinschauen muss. Meine Arbeit macht mich glücklich und das manifestiert sich in meinen Kunstwerken.

 

Spielen aktuelle gesellschaftliche oder persönliche Ereignisse in Deiner Kunst eine Rolle?

Die Bilder meiner neuesten Serie, in der Leuchtdioden, Schalter oder Gegensprechanlagen zu sehen sind, nenne ich REPLACE IF FLASHING, NOISE, PUSH und CONTROL. Die aktuell gesellschaftlich politischen Themen wie Kommunikation, Kontrolle, Freiheit und Wahl zum Beispiel haben einen großen Einfluss auf mich.

Ich wusste nicht warum ich diese Knöpfe und Schalter aus ihrem Kontext lösen musste. Überlebensgroß, einsam, bewusst nicht zentriert, sondern mittig leicht versetzt, umgeben von Strukturen und weichen Farbsegmenten. Und jetzt im Kontext mit den inter/-nationalen Ereignissen und Entscheidungen, die wir oder von uns gewählte Vertreter vor sich haben, kann ich in dieser neuen Werkreihe auch einem anderen Zusammenhang sehen. Obwohl es zunächst nicht meine Absicht war.

 

Gibst Du diese Erklärung an Betrachter weiter?

Ich möchte nichts erklären. Nimm dir Zeit, schau hin, finde deinen eigenen Kontext.

 

Gibt es in Deiner Kunst Bezüge zu anderen Künstlern? In wessen Tradition siehst Du Dich?

Luise Bourgeois gehört zu meinen großen Vorbildern. In ihren bildhauerisch installativen, malerischen und auch grafischen Werken setzte sie sich mit Geschlechtlichkeit, Geborgenheit und Abhängigkeit, dem Unbewussten und dem Tod auseinander. Sie beschäftigte sich also mit Ursprüngen. Dieses Forschen, die Dinge hinter den Dingen ergründen zu wollen und diese dann in der künstlerischen Arbeit zum Ausdruck zu bringen, treibt auch mich an.

Helen Frankenthaler. Wunderbar! Sie hat sich von Jackson Pollock inspirieren lassen und hat eine bedeutende Rolle in der Farbfeldmalerei. Sie hat etwas komplett Eigenes geschaffen. Das ist grandios. Da möchte ich auch gerne hin – etwas eigens schaffen.

Auch der Pop Art Künstler Tom Wesselmann ist für mich eine Inspirationsquelle.

Die Beschäftigung mit dem Trivialen und die isolierte Betrachtung alltäglicher Gegenstände überführe ich in meinen Arbeiten ins Situative. Ein Schalter oder eine Tischtennisplatte können für mich genauso ikonisch wirken wie ein Mund mit Zigarette.

Bedeutung oder Funktion werden plötzlich unwichtig, es bleibt nur ein Gefühl. Das verstärke ich mit der Auswahl der Farben, in denen ich die Farbstimmungen alter Fotografien meines Großvaters oder der Gemälde von Van Gogh aufnehme. Ich mag vor allem dieses schnodderige Grün, Violett und das knallige Orange oder Limonen-grün.

 

Hintergründe, die scheinen Dir wichtig zu sein.

Der Hintergrund mit seinen Strukturen und Farbschattierungen ist der wichtigste Teil meiner Arbeit. Hier geht die meiste Arbeitszeit hinein. Alles muss stimmen. Der Blick soll um mein Motiv im Oval kreisen. Ich würde sagen, ich wühle mich durch die Farbschichten.

(lacht) Da kommt wieder das Gärtnern ins Spiel: Ich arbeite ich mich durch Erd- und Wurzelschichten. So entsteht die Tiefe und Vielschichtigkeit in meiner Malerei, das Unbewusste, das Nicht-wissen. Ein wenig wie bei David Lynch mit dem Sound-Teppich, der unter jedem seiner Filme liegt. Du spürst, da ist mehr als Du vielleicht siehst.

 

Ein wichtiger Rat, den Dir ein anderer Künstler mit auf den Weg gegeben hat?

“Kompositionsskizzen machen. Sitzen und hinschauen – das ist die wichtigste Arbeit”, sagt mein Freund der Maler Felix Eckardt. Die Erfahrung kann ich nur weitergeben.

Und auch hier ziehe ich die Parallele zum Thema Gärtnern. Vor dem Gemälde sitzen und schauen, ist so wie nach dem Sähen: Das Unterste kommt nach oben. Macht das Sinn? (lacht)
Das geht nur mit Abstand und Fokus.

 

Welche Bedeutung hat Dein Atelier für Dich?

Zuhause schlafe und koche ich, hier lebe ich. Ich bin ungestört. Wenn ich male, sortiere ich mein Chaos.

 

Was macht Dich beim Malen glücklich?

Wenn sich das Motiv, das Werk auf einmal vor mir entfaltet und präsent ist. Wenn alle Aufgaben, die es mir gestellt beantwortet sind.
Wenn sich Abstand und Emotion die Waage halten. Dann ist das Werk fertig. Dann bin ich in Balance.